Landwirtschaft mitten in der Stadt

Der Stadtpark ist im Norden und im Süden von landwirtschaftlichen Flächen umgeben. Hier bekommt man einen kleinen Eindruck, wie die Landschaft ausgesehen hat, bevor der Stadtpark angelegt wurde. Das Grünland wird als Weide für Rinder und zur Heugewinnung genutzt.

Zur Entwässerung sind die Flächen in regelmäßigen Abständen von Gräben durchzogen. Auf intensiv genutzten Wiesenflächen sind solche Gräben oft verschwunden und durch Drainagerohre in der Erde ersetzt. Damit fehlen offene Wasserflächen als wichtiger Lebensraum: Frösche und Kröten legen in Gräben ihren Laich (das sind ihre Eier) ab, an vielen Gräben wächst Schilf und bietet dem Teichrohrsänger und anderen Vögeln einen sicheren Brutplatz. Am Grabenrand wachsen Blütenpflanzen, die Bienen auf der Suche nach Nektar besuchen. 

Grünland mit Gräben im Süden des Stadtparks. Quelle Stadt Wilhelmshaven

Für den Naturschutz sind auch Hecken ein wichtiges Element von Grünlandbereichen. Hecken bieten Vögeln und Insekten Nahrung, Unterschlupf, Brutplätze und Überwinterungsquartiere.

Hecken sind wertvolle Lebensräume, Foto: Maria Röbbelen

Auf den Flächen nördlich des Stadtparks weiden Jungrinder. Ein bis zwei Jahre dürfen sie ihr Leben an der frischen Luft genießen. Das ist heute nicht mehr selbstverständlich. Die Landwirtschaft hat sich in den vergangenen 100 Jahren sehr verändert. 

Jungrinder der Rasse Schwarzbunte Holsteinfriesenrinder Foto Maria Röbbelen

Südlich des Stadtparks lässt ein Landwirt Angusrinder weiden. Diese Rasse ist für ihr schmackhaftes Fleisch bekannt. Die Rasse eignet sich zur ganzjährigen Freilandhaltung und zur extensiven Beweidung von Grünland. Es lohnt sich, genauer zu gucken: Vielleicht entdecken Sie eine Mutterkuh mit Kalb.

Auf den Weiden südlich des Stadtparks weiden Angusrinder, Foto: Maria Röbbelen

Weidehaltung ist heute nicht mehr selbstverständlich: Viele Rinder, auch Milchkühe, verbringen ihr ganzes Leben im Stall. Dort kann mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel Milch produziert werden. Landwirte machen das nicht aus Bequemlichkeit: Solange Verbraucher ihre Milch für wenig Geld im Supermarkt kaufen wollen, bleiben Tierwohl und Artenschutz auf der Strecke. 1919 kostete ein Liter Milch 49 Pfennig, dies war auch in den 1960er Jahren der Standardpreis. Heute zahlt man im Laden zwischen 0,45 € und 1,00 €, im Schnitt 0,78 €. Der Landwirt bekommt davon nur einen Bruchteil. Gleichzeitig sind Maschinen, Strom und Futter erheblich teurer geworden. Aus wirtschaftlichen Gründen stehen viele Landwirte deshalb unter Druck, möglichst viel zu produzieren.

Ganzjahres-Stallhaltung mit hoher Milchproduktion benötigt hochwertiges Futter. Intensive Rinderhaltung führt deshalb zu intensiver Grünlandbewirtschaftung: Energiereiches Gras wird angesät, regelmäßig mit Gülle gedüngt und fünfmal im Jahr gemäht. Eine so bewirtschaftete Fläche bietet wildlebenden Pflanzen, Insekten und Vögeln keinen Lebensraum mehr.

Nördlich des Stadtparks sieht man hier Schwarzbunte Rinder der Rasse „Holstein-Frisian“. Es ist eine Hochleistungsrasse für die Milchproduktion, die weltweit genutzt wird. Seit den 1960er Jahren verdrängt diese hochbeinige Rasse auch in Deutschland das Schwarzbunte Niederungsrind. Dieses ist deutlich kleiner und produziert etwa 7.000 kg Milch im Jahr. Das Holsteinfriesenrind bringt es im Schnitt auf jährlich über 9.000 kg Milch. Das Schwarzbunte Niederungsrind steht auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Haustierrassen.

Mit einem Bestand von 1 bis 2 Rindern pro Hektar zählen die Flächen um den Stadtpark zu extensivem Grünland. Auf extensiv genutzten Flächen findet man 30 – 45 verschiedene Pflanzenarten. Zum Vergleich: Auf intensiv genutzten Weiden findet man mehr als 2, oft sogar 5 – 10 Rinder pro Hektar. Der Unterschied im Viehbesatz macht sich auch an den Pflanzen der Fläche bemerkbar. Auf Intensivgrünland wachsen gerade mal 15 – 20 Pflanzenarten. Intensiv genutzte Wiesen, die also nicht beweidet, sondern nur gemäht werden, sind noch artenärmer.

Dort, wo viele verschiedene Pflanzen wachsen, finden auch zahlreiche Insektenarten einen Lebensraum. Auch sie profitieren von einer extensiven Nutzung der Wiesen und Weiden.