Entlang von 27 Kilometern grenzt Wilhelmshaven ans Meer, binnendeichs gibt es 645 Hektar Wasserflächen. Das entspricht mehr als 6 % der Gesamtfläche des Stadtgebiets. Erstmals wurde am 17. Januar 2021 entlang der gesamten Küstenlinie, im Hafen, auf Banter, Barghauser und Ollacker See, auf Maade und Ems-Jade-Kanal sowie auf allen Parkgewässer folgende Vogelarten synchron erfasst: Schwäne, Gänse, Enten, Taucher, Kormorane, Reiher, Rallen, Watvögel, Möwen und Singvögel der Uferlebensräume. 6.000 Wasservögel waren es insgesamt in Wilhelmshaven, 2.370 davon außendeichs im Nationalpark am Jadebusen und auf der Außenjade.
Während viele unserer Brutvögel derzeit in Afrika überwintern, verbringen zahlreiche nordische Brutvögel den Winter in unseren verhältnismäßig milderen Gefilden, in denen Gewässer nicht über einen längeren Zeitraum zufrieren. Im Januar finden kaum Zugbewegungen statt und die Wasservögel konzentrieren sich auf wenige Gebiete. Also die günstigste Gelegenheit für Beobachtungen und für eine Inventur. Der Naturschutzbund hat sich deshalb auf Anregung von Florian Cariusan internationale Mittwinterzählung beteiligt.
40 Wasservogel-Arten konnten in diesem Jahr bei der hiesigen Zählung festgestellt werden. Häufigste Art war die Silbermöwe mit knapp 950 Exemplaren. Sie hielten sich vor allem außendeichs vor dem Rüstersieler Groden auf. Der Bestand an Silbermöwen hat in den letzten 12 Jahren stark abgenommen. Auch von Lachmöwe, Graugans und Stockente wurden im Stadtgebiet jeweils mehr als 600 Individuen gezählt. Weiterhin in dreistelliger Anzahl vertreten waren Blässgans, Pfeifente, Blässhuhn, Sturmmöwe, Steinwälzer, Austernfischer, Reiherente, Schnatterente und Haubentaucher. Wilhelmshaven hat als Überwinterungsgebiet für die in Grönland brütenden Steinwälzer nationale Bedeutung. Nach den aktuellen Ergebnissen halten sich derzeit 14 % des durchschnittlich anwesenden niedersächsischen Rastbestands an der Küste der „Grünen Stadt am Meer“ auf.
In unseren Parks lassen sich Wasservögel sehr leicht beobachten, da manche Arten weniger scheu vorm Menschen geworden sind. So überrascht es kaum, dass die Stockente über das Stadtgebiet am weitesten verbreitet und in nahezu jedem Wilhelmshavener Gewässer vor wie hinterm Deich anzutreffen ist. Auf Fütterungen sollte an Gewässern dennoch verzichtet werden, da dies für die Vögel gesundheitlich bedenklich ist und die Gewässer stark belastet. Vorm Deich ergeben sich gute Beobachtungsmöglichkeiten vor allem zu Hochwasser, da sich Wasservögel sonst auf trockenfallenden Wattflächen zur Nahrungssuche verteilen. Allerdings sollte man ein Fernglas dabei haben, um die Vögel aus sicherer Entfernung zu beobachten ohne sie hochzuscheuchen. Ihre Kraftreserven benötigen sie um über den Winter zu kommen und im Frühjahr wieder den Zug in ihre Brutgebiete bis jenseits des Polarkreises zwischen Kanada und Sibirien zu schaffen. Besonderer Tipp für Wilhelmshaven ist der Banter See, an dem sich stets ein großes Artenspektrum beobachten lässt. Mit einem aktuellen Rastbestand u.a. von 80 Hauben- und 40 Zwergtauchern hat dieser See eine hohe Bedeutung als Lebensraum für überwinternde Wasservögel.
14 Vogelkundlerinnen und Vogelkundler hatten sich ehrenamtlich an der Mittwinterzählung in Wilhelmshaven beteiligt. Auf lokaler Ebene wurde sie koordiniert vom NABU Wilhelmshaven e.V., der seit einem Jahr ein neues Netzwerk aufbaut um solche avifaunistischen Erfassungen umzusetzen. Auch vom Schneegestöber und Temperaturen um den Gefrierpunkt an jenem Sonntag ließen sich die Zählenden nicht abhalten, das gesamte Stadtgebiet nach Wasservögeln zu durchkämmen und alle zu notieren. „Obwohl jeder für sich unterwegs war, hatte man trotz der geltenden Kontaktbeschränkungen das Gefühl einer gelungenen Gemeinschaftsaktion, die wir nun jährlich wiederholen möchten“ berichtet Florian Carius, Initiator der (wasser-)flächendeckenden Wilhelmshavener Beteiligung an der internationalen Mittwinterzählung. Die Ergebnisse liefern breite Einblicke in die Bedeutung unserer Natur für überwinternde Zugvögel.